Stark fragmentarische Überlegungen zur Lektüre des Textes Aufstand der Zeichen? Zum Verhältnis von Street Art und Avantgarde.”
“Mit Blick auf das Problem des „Fortschrittes“ in der Kunst ließe sich etwa fragen, inwiefern Street Art, als am jugendlichsten und revolutionärsten daherkommende Strömung der Gegenwartskunst, auf der Höhe der Zeit die Probleme zu artikulieren vermag, mit denen die historischen Avantgardebewegungen mit der Frage nach der Möglichkeit, nach der Aufhebung der Kunst überhaupt sich konfrontierten. ”
Wie weit wird hier das Modell der Avantgarde perpetuiert, dass sich ja nach Peter Bürger gerade nicht mehr auf das Heute anwenden lässt (die Kunst ist befindet sich nach Bürger im post-avantgardistischen Stadium)?
Zunächst die Frage nach dem Fortschritt: ob sich Kunst heute überhaupt noch linear weiterentwickelt. Dann die Frage was “Strömung” bedeutet und daran weitergedacht, wie sich Street Art von anderer Kunst unterscheidet. Und ich denke, dass es da doch massive Unterschiede zwischen Street Art und hochkultureller Kunst gibt: Street Art ist unbefugt, wird von Amateuren produziert.
Denn Street Art steht ja (wo genau, müsste erst noch bestimmt werden) irgendwo zwischen “fine arts”, Gebrauchskunst und Populärkultur.
Street Art als Subkultur und Verhältnisse hier sind anderes als in Hochkultur (die Auftrennung ist nicht Ideologie sondern schlägt sich von Produktion bis Konsumtion in Kunstwerken wieder. Bsp.: Die Lieder einer Punkband würde man auch nicht als “Kunstwerke” bezeichnen.
-> Vielleicht sollte man eher versuchen den Gegenstand über individuelle und kollektive Strategie und Praxis zu erfassen als über den Werkbegriff?
Ich zumindest kann und will nicht genau benennen, was Street Art sein soll (und positivistisch den Gegenstand bestimmen). Der Reiz liegt für mich in dem Diffusen, in den Rändern, die gerade nicht definiert sind. Das Aleatorische wäre für mich das Herausragende, der nicht-Zielgerichtete Umgang mit dem Material. Und das Amateurhaft-Dilettantische, das eine Partizipation ohne entsprechende Ausbildung ermöglicht.
“…daß sie also objektive Tendenzen der Vermittlung der Institution Kunst mit der Gesellschaft in der Lage ist zu reflektieren und zu artikulieren, daß sie mithin ein Bewußtsein ihrer selbst besitzt.”
Wo sind die Verbindungen zwischen Street Art und der Institution Kunst? Da wird schnell auf Street Art verwiesen, wo man sich auch die Praxis einzelner Künstlerinnen und Künstler und deren Verhältnis zur “Institution Kunst” und das entsprechende Reflexionsniveau ansehen könnte. Welche Werke (passt der Begriff auf Street Art überhaupt?) von wem wären dann reflektiert und warum? Diese Analyseebene neigt dazu, klassische Vorstellungen bourgeoiser Kunst zu reproduzieren – etwa die eindeutige Zuordnung eines Kunstwerks zu einer Künstlerin oder einem Künstler. Insofern ist Street Art u.a. gerade dort interessant, wo Kunst als kollektive Praxis ausgeübt wird, keine Werke mehr produziert werden, wo nicht auf die Repräsentation der individuellen Künstlerpersönlichkeit abgezielt wird. Street Art als soziale Praxis, die
Teils doch eine Pauschalisierung, was Street Art als Kollektivsubjekt so alles macht etc. anstatt sich die Praxen einzelner KünstlerInnen anzuschauen. Und das ist ja alles an Tendenzen nicht eindeutig: einige finden Ausstellungen gut, andere nicht. Vielleicht eher beim Besonderen bleiben und sich Strategien von real existierenden Akteurinnen und Akteuren ansehen, anstatt direkt auf das Allgemeine des Meta-Begriffs zu kommen. Ok, das wird ja selbst im Nachwort selbst kritisiert – dass die Einzelfallanalysen ausbleiben.
Vielleicht müsste man sich wirklich die Bedingungen von Street Art näher ansehen: wer nimmt Street Art wahr als Rezipient? Wie wird der Gegenstand Street Art durch mediale Rezeption geformt? Schließlich hat auch das ständige Schreiben darüber Auswirkungen – insbesondere die Berichterstattung in renommierten Tageszeitungen und Kunstmagazinen dürfte massiv zur Popularität von Street Art beigetragen haben.