Ich bin wenig amüsiert über den radioaktiven Niederschlag, der auf den Ghostbusters Trailer folgt. Wahrscheinlich wäre es das Klügste im Nachhinein eine Historie der Ereignisse aufzustellen. Denn vernünftiges Argumentieren ist nicht möglich an dieser Stelle. Und vor allem haben die Trolls und die Hater das Sagen.
Es ist irrwitzige anzusehen, wie Diskurse kippen. Youtube Click-Millionäre wie Angry Video Game Nerd aka James Rolfe schiesst den Bock ab mit seinem trotzigen “ich sehe den Film nicht an weil schlecht”. Ein Kritiker, der einen Film im Vorfeld schon zerreisst ohne ihn gesehen zu haben. Chapeau. Das ist wohl wirklich einmalig. Irgendwann kamen in der Debatte die Stichworte Feminismus und Misogynie auf. Und jetzt werden fleißig Youtube-Statements mit den immergleichen Argumentationsketten veröffentlicht: der Trailer sei schlecht, wäre ja objektiv so ohne dass man ein Sexist sei. Etwa hier: The Amazing Atheist
Ich hätte nicht geglaubt, dass sich Männer so offen gegen Feminismus – oder was sie dafür halten – positionieren. Und dafür noch Kudos einheimsen. Nerdkultur hat auch eine Schattenseite: ein Teil von ihr ist voll anschlußfähig an hinterwäldlerische Männerkultur, die mit Rumgepöbel und Shit, Fuck, Ass schön unter sich bleiben möchte. Man möchte breitbeinig beweisen, dass es “nur um Tatsachen” geht. Nicht zur Kenntnis genommen wird, dass eine bestimmte Art sich aufzustellen schon Politik ist. Nämlich die des Angry White Man: “ich kann mich hier herstellen und so laut brüllen wie ich will.” Die Diskurshoheit über den Stammtischen.
Und das ist alles anderes als neutral. Ashley Lynch bringt es auf den Punkt:
“Why is it that the three most protested films of the last year happen to be Mad Max: Fury Road, Star Wars: The Force Awakens and Ghostbusters?
The picture starts to become clear, because they are all franchise films where a woman is taking the lead in a role that used to be reserved for a man. It’s literally a fear that white men are having what is rightfully theirs taken from them.”
https://medium.com/@ashleylynch/bustin-makes-boys-feel-sad-why-ghostbusters-is-so-hated-49e3c78cebb0
Mit Jean Baudrillard im Hinterkopf ist das alles noch absurder. Der Trailer erzeugt eine Meinungsbekundung die wiederum von Webseiten als Nachricht weitergegeben wird, was zu weiteren Meinungen und Reaction Videos führt. Und es mit dem Erzeugen von Clicks am besten Funktioniert, wenn Emotionen geschürt werden. Man könnte das alles für irrelevant halten. Oder aber man sieht hierin genau das, was Politik ausmacht. Das Reden von gesellschaftlichen Akteuren darüber, wo Gesellschaft steht und stehen sollte.
Wenigstens ist Cinema Snob noch eine Stimme der Vernunft… oder hat wenigstens die passende Parodie auf diesen ganzen Hater-Blödsinn. Und genau so sieht´s aus – man guckt sich den Film an oder nicht. Die “der Film könnte ganz okay sein, vielleicht aber auch nicht” Fraktion ist jedenfalls kaum zu hören in dem ganzen Gebrülle.