Es rappelt in Cologne

Das Wochenende beginnt mit einer Lektion in Sachen Tristesse westdeutscher Kleinstädte. Als gäbe es eine einzige gusseiserne Backform, aus der mit einer immergleichen Monotonie das Land übersät wurde. Gepflegte, kurzgemähte Rasen, kleine Vorgärten und Vordächer, akurat angelegte Straßen mit Reihenhäuser. In der einzigen Bar vor Ort, die das nicht vorhandene Jugendzentrum ersetzt, dröhnt Freitag abends Sound, als wäre man im Kofferraum eines GTI mit Bassrolle eingesperrt. Es darf, nein, es muss getanzt werden....

Juli 21, 2008 · unkultur

Der ist doch sonst ganz nett… oder: Kurzer Prozess mit dem Schweinkram

Einleitung Eine umfangreiche Zusammenstellung von Klischees, die in Deutschland seit Ende der 1970er Jahre über Pornos geäußert wurden, findet sich in einem Text im aktuellen Conne Island Newsflyer. Die Gruppe mfg (meine frauengruppe) schreibt dort in „Der ist doch sonst ganz nett…“ über den Zusammenhang zwischen Patriarchat, Pornographie und Sexismus. Dabei wird ein internationaler Vergleich zwischen westlichen Demokratien und „dem Islam“ oder „islamistischen Staaten“ (was auch immer damit gemeint ist) unternommen sowie das Patriarchat historisch hergeleitet....

Juli 13, 2008 · unkultur

Soziologie heute

Denkschulen waren gestern, heute herrscht ein instrumentelles Verhältnis zur Theorie vor. Wild wird alles mögliche zusammengeklebt, man könnte dieses Vorgehen wohl als mash-up bezeichnen. Toll ist es zumeist trotzdem nicht. Vordergründig hat man die Ideologie abgeschafft, in Wirklichkeit ebnet man so nur jegliche Widersprüche ein und beraubt auch kritische Autorinnen und Autoren ihres Potentials. So auch in einem Text, den ich heute las (Autor und Titel tun nichts zur Sache). Von Zygmunt Baumann kommt ein Autor im nächsten Absatz zum 1968 entthronten Berufsnazi Helmut Schelsky und quasselt sich einen Text über Konsumismus zusammen....

Juli 10, 2008 · unkultur

Urbanes Skateboarding und Rituale im Kunstmuseum

Eine kurze Zusammenfassung von zwei Texten. Ian Borden beschreibt Skateboard fahren (Gedankennotiz: die Freudsche Fehlleistung untersuchen, warum ich aus Rollbrettfahren immer ein ähnlich lautendes Kartenspiel ohne „e“ am Ende machen will) als Akt der Umdefinierung der Stadt: Performing Cities. Das Urbane wird von Skatern nicht wie von den Architekten der einzelnen Gebäude (geschweige denn aus Sicht von Stadtplanern) wahrgenommen. Nach der Raumtheorie von Henry Lefebvre wird die Stadt konstant umgedeutet und reproduziert (materielle Objekte, Praktiken, Text, Repräsentation, Vorstellungen, Erleben von Raum)....

Juli 8, 2008 · unkultur

Antisuevismus in Wort und Tat

Der von Daniel Kulla erstmals korrekt benannte Antisuevismus (auf diesem Blog am Rande hier erwähnt) scheint langsam breitere Kreise zu ziehen. Hinter den Schwaben und Antischwaben wird die Strategie der Spannung vermutet. Und nach Gentrifizierung ist nun auch endlich die Stuttgartisierung als sozialräumlicher Wandel ausgemacht worden. Mal sehen, was da noch an -ismen, Anti-ismen, und -isierungen zu erwarten ist in nächster Zeit.

Juli 8, 2008 · unkultur

Berliner Ideologieproduktion

Indymedia mal wieder. Der vielgerühmte “Kotzkübel der Linken” (auf wen dieses Zitat auch immer zurückgeht) wird mal wieder randvoll gefüllt mit den dümmlichsten Auswüchsen der gesammelten Leserinnenschaft. Stadtteilpolitik ist, wie auf diesem Blog mehrfach hingewiesen wurde, das Trendthema der Berliner … ja, was eigentlich? “Linke” könnte man sagen, aber ob diese Bezeichnung dieser Personengruppe gerecht wird, wäre eine andere Frage. Für den sozialräumlichen Wandel im Viertel, der als “Yuppisierung”, “Vertreibung”, “Mietwucher” und “Besatzung” bezeichnet wird, sind entweder Media Spree (Kreuzberg), “Spekulanten aus dem Westen” oder die Schwaben (Prenzlauer Berg, Kreuzberg) verantwortlich....

Juli 5, 2008 · unkultur

Notiz zur Feldforschung

Methoden der Feldforschung: Überaus unterhaltsam, diese strikten Anti-Positivisten, die ihre qualitativen Methoden gegen die das Imperium der Empirie verteidigen. Und vor allem praktische Tips für Forscherinnen und Forscher bereithalten: man sollte mit der anvisierten Zielgruppe mithalten können, bei einer teilnehmenden Beobachtung. So berichtet der Autor, wie ihm von Obdachlosen permanent vor die Schuhe gespuckt wurde, wie Prostituierte ihn belogen (Gegenmittel: die eigene Leichtgläubigkeit abbauen und Fangfragen stellen) und wie er von Bauern mit Most und Schnaps unter den Tisch getrunken wurde (sinngemäß: “ein Glück lief das Tonband mit, sonst hätte ich mich an nichts erinnert”)....

Juli 4, 2008 · unkultur

Deutsche Zustände

Ein Dokument der Zeitgeschichte ist dieser Artikel über eine Demonstration zu Wasser gegen das Media Spree Projekt. Da scheinbar nicht alle Gewerbetreibenden am Ufer mit den MediaSpree-Gegnerinnen und Gegnern d´accord gehen, öffnen sich neue Konfliktlinien, die vor Ort sowie auf Indymedia ausgetragen werden. Da fängt man dann sogar an nachzudenken – was ansonsten ja nur den Aktionismus behindern täte. Heraus kommen solche Überlegungen zur Klassifizierung von Clubs und Bars, die allein schon aufgrund ihres hohen Skurrilitätsfaktors Beachtung verdienen:...

Juli 3, 2008 · unkultur

Besuch am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

Es ist Donnerstag nachmittag Ende Juni 2008. Sommerliche Temperaturen, am Holocaust-Mahnmal gegenüber sind vereinzelte Besuchergruppen anzutreffen. Die Fanmeile zur Fußball-EM vor dem Brandenburger Tor ist zwar offen, es sind aber relativ wenige Besucherinnen und Besucher unterwegs. Dafür ist der Tierparkgarten komplett eingezäunt, der öffentliche Raum wird für das Spektakel der EM für die Öffentlichkeit geschlossen. Für das Homosexuellen-Mahnmal wurde eine Landzunge in den metallischen Bauzaun getrieben, was leicht absurd wirkt....

Juli 3, 2008 · unkultur

Von Anarchist Academy und Red Bull-Klonen

Möglicherweise sind meine Sinneswahrnehmungen getrübt – aber am Samstag spielen tatsächlich Anarchist Academy im Rahmen einer <a href=“http://www.recht-auf-migration.de.vu/"Demonstration für Migration in Berlin auf dem O-Platz. Gibt´s doch gar nicht! Sind denn schon Sommerferien und Hannes Loh wurde aus der Schule rausgelassen? Diesmal keine Autogramme von Bushido bei der Süddeutschen abholen? Dieses Spektakel sollte man sich keinesfalls entgehen lassen. Was mich an eine kleine Geschichte aus der zweiten Hälfte der 90er Jahre erinnert....

Juli 2, 2008 · unkultur